Konsequenzen für Familiengesellschaften durch die Rechtsprechung des Bundessozialgericht vom 29.08.2012, 12 KR 25 10 R

Das Kriterium der Familiengesellschaft wird künftig keine Relevanz mehr haben. Auf die Frage, ob ein in einer Familiengesellschaft tätiger Geschäftsführer tatsächlich Weisungen erhalten hat oder ob familiäre Bindungen solche Weisungen in der Vergangenheit verhinderten, kommt es nicht mehr an. Das bedeutet derweil nicht, dass Minderheitsgesellschafter in Familiengesellschaften künftig automatisch als sozialversicherungspflichtig anzusehen wären.

Im Gegenteil: Alles ist offen

Denn auch, wenn familiäre Bindungen keine Rolle mehr spielen, bleiben doch die übrigen Grundsätze der Sozialversicherungspflicht von Geschäftsführern bestehen. Nach wie vor kommt es darauf an, ob ein Geschäftsführer „nach dem Gesamtbild seiner Tätigkeit“ weisungsgebunden ist. Dieses Gesamtbild ergibt sich jew. aus einer Einzelfallbetrachtung.

Bei der Ermittlung des Gesamtbildes dürfte es künftig unter anderem verstärkt auf den Inhalt des Geschäftsführerdienstvertrags ankommen. Ausgangspunkt einer jeden Prüfung ist zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Dieses vom BSG sogenannte „Vertragsverhältnis“ ergibt sich aus dem Geschäftsführerdienstvertrag und etwaigen Zusatzvereinbarungen. Dieses bildet das erste Kriterium der Beurteilung.

Daneben sind auch die tatsächlichen Verhältnisse zu berücksichtigen. Diese sind das zweite Kriterium der Beurteilung. Beide Kriterien stehen gleichrangig nebeneinander. Insbesondere kommt den tatsächlichen Verhältnissen kein Vorrang vor den vertraglichen Abreden zu. Vielmehr ergibt sich das Gesamtbild sowohl aus dem Vertrag, als auch aus den tatsächlichen Umständen: Es ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen wird.

Auf die richtige Gestaltung kommt es an

Soll der Geschäftsführer trotz unzulänglicher Kapitalbeteiligung nach Möglichkeit sozialversicherungsfrei sein, ist sein Geschäftsführerdienstvertrag entsprechend zu gestalten. Es ist klarzustellen, dass er in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung keinem vertraglich vereinbarten Weisungsrecht unterliegt.

Fehlt eine entsprechende Klarstellung, wird man vielen in der Praxis gebräuchlichen Vertragsmustern wohl im Wege der Auslegung gem. §§ 133, 157 BGB entnehmen müssen, dass der Geschäftsführer auch hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung weisungsgebunden sein soll.

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